In 2022 planen wir mit viel Vorlauf eine Open air Aufführung im Dorf Damerow in Mecklenburg-Vorpommern. Wir verarbeiten in der Aufführung Geschichten und Themen der Region, wie Bodenpolitik und Stadtflucht, planen Gespräche im Anschluss.
Zwei Wochen zuvor erfahren wir: Am gleichen Tag findet auch das berühmt-berüchtigte Anglerfest statt. Was tun? Wir fragen wir an, ob wir eventuell auf der Feier aufführen können, treffen uns ein paar Mal zuvor mit allen Verantwortlichen auf dem Platz. Mit viel Vorbereitung und viele Gespräche kann sich die Aufführung in das bestehende Fest erfolgreich einfügen.
Auf Erfahrungen wie diese beziehen wir uns, wenn wir Feste in ländlichen Räumen untersuchen. Im Artist Lab „FESTE FEIERN“ ist die folgende Sammlung entstanden. Sie versammelt Gedanken zu Eigenschaften und zur Bedeutung von Festen.
Was macht Feste aus?
Wir haben Sportfeste erlebt, aber auch Rummel, Schützenfeste, Erntedankfeste, Heimatfeste, Weinfeste, Maifeste und Wahlparties. Menschen treffen sich und verbringen Zeit miteinander. Sie verlieren die Zeit aus den Augen, tauschen Erfahrungen aus. Das Fest ist mit Vorfreude verbunden. Beim Fest, egal ob in ländlichen oder urbanen Räumen, ist die Vorbereitung von Bedeutung. „Jeder bringt was mit“, der Ort wird gemeinsam hergerichtet, die Feier fängt bereits im Vorfeld an.
Feste bedeuten Rausch, das Auflösen von Grenzen, Begegnung, Alkohol. Es wird gefeiert, häufig mit open end. Ein Fest, so denken wir, ist zeitlich begrenzte Gemeinschaftsenergie, laut und bewegt. Durch ein gemeinsam erlebtes Fest entsteht eine Zeit, in der sich eine Gemeinschaft ihrer selbst versichern kann. Vielleicht gibt es einen Bericht in der lokalen Presse, eventuell berichten Tourist*innen von dem Ereignis. Eine Bühne bekommen Vereine der Gegend: Sie haben Gelegenheit, zum Beispiel Brauchtum oder Musik zu präsentieren und so zum Gelingen des Festes beizutragen.
Feste sind ein Erlebnisparcour mit mehreren Stationen: 1. Essen 2. Trinken 3. Begrüßen 4. Musik hören, tanzen 5. Rede 6. Ritual 7. Zeit vergessen
Politiker*innen kommen auf Feste, sie bieten auch ihnen die Möglichkeit zur Begegnung, manchmal auch zu Vorträgen.
Feste und darstellende Kunst / Wo kann ich anknüpfen?
Bühnen, gemeinsames Singen, Theatralität, Versammlung, Spiel, Geschichten und Themen der Region – das sind Festbestandteile, die theatral genutzt werden können. Im Artist Lab „FESTE FEIERN“ versuchen wir, diese Elemente aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Wir arbeiten daran, die starre Aufteilung von „Publikum“ und „Akteur*innen“ aufzulösen.
Die These des Artist Lab ist, dass theatrale Momente unterstützend wirken, um sich gegen rechtspopulistische Tendenzen zur Wehr zu setzen. Wir beginnen mit kleinen, leicht umsetzbaren theatralen Formen. Unsere Sammlung der FORMATE steht zur allgemeinen Verfügung und ist hier zu finden.
Ein Ausblick ist für uns: Bei künstlerischer Arbeit in ländlichen Räumen stellen wir im Vorfeld, mit genug zeitlichem Vorlauf, Kontakt zu den Vereinen und Multiplikatoren her. Wir wollen nachhaltig arbeiten und in der Region ein langfristiges Netzwerk aufbauen. Gemeinsam über ein passendes Format ins Gespräch kommen und dieses dann als Teil des Dorffestes anbieten. So kann auch etwas Schräges angenommen werden und neues Publikum finden.